Definiere Hypnose

Was Hypnose nicht ist…

Der Versuch von Hans-Peter Zimmermann, mit den seltsamen Hypnose-Vorurteilen aufzuräumen, die von Hypnose-Shows geschürt werden…


Hypnose, da ist man doch bewusstlos…


Ich glaube, ich war gar nicht hypnotisiert. Ich habe alles mitbekommen.“
Ein Satz, den ich nach der ersten Hypnose-Sitzung immer wieder höre. Die vielen Hypnose-Shows auf Bühnen und im Fernsehen scheinen nicht viel dazu beizutragen, das Phänomen der Hypnose bei der Bevölkerung zu erklären. Insbesondere die Annahme, Hypnose sei so etwas wie Bewusstlosigkeit, hat sich in den Köpfen vieler Leute offenbar festgesetzt. Umso nachdenklicher stimmt mich die Tatsache, dass mehr und mehr Menschen bereit sind, sich der „Allmacht“ eines Hypnotiseurs auszuliefern, sich in die Bewusstlosigkeit versetzen zu lassen und der Dinge zu harren, die da kommen sollen. Aber dies nur am Rande.

Tatsache ist: Hypnose ist NICHT Bewusstlosigkeit. Auch in Trance bist Du Dir zu jeder Zeit voll bewusst, was abläuft. Oftmals magst Du Dich im Trancezustand wundern, warum Du gerade so und nicht anders geantwortet hast, oder wie Du ausgerechnet auf diese ausgefallene Idee gekommen bist. Aber das liegt daran, dass in der Hypnose Dein Unterbewusstsein die Führung übernimmt und das sonst so dominante Bewusstsein ein wenig in den Hintergrund tritt. Hypermnesie (gesteigerte Erinnerungsfähigkeit) ist eines der wertvollsten hypnotischen Phänomene für die Therapie.

Wenn Dir ein Versuchskaninchen nach einer Hypnose-Show erzählt, er oder sie könne sich an nichts mehr erinnern, dann hat der Hypnotiseur sich eines besonders spektakulären hypnotischen Phänomens bedient: Er hat nämlich Amnesie (= Vergessen) suggeriert, und das Versuchskaninchen hat diese Suggestion offenbar gerne angenommen.
Ganz nebenbei: Solche Amnesien sind, wenn sie überhaupt echt und nicht nur gespielt sind, immer sehr oberflächlich und können innert Sekunden wieder rückgängig gemacht werden. Oder mit anderen Worten: Bringe mir einen Probanden, der behauptet, sich an nichts erinnern zu können, und ich werde ihn in kürzester Zeit dazu bringen, dass er mir von A bis Z alles beschreibt, was während der Show abgelaufen ist.


Wenn nicht Bewusstlosigkeit, was dann?


Es gibt mindestens acht verschiedene Theorien darüber, was Hypnose ist und warum sie funktioniert. Ja, einige Experten vertreten sogar die sogenannte Non-State-Theorie, nach welcher Hypnose gar nicht existiere, sondern lediglich ein Gefallen sei, den der Hypnotisand dem Hypnotiseur erweise.

Hypnose ist nach meiner Auffassung ein veränderter Bewusstseinszustand, in welchem das Unterbewusstsein (der eigentliche Motor und Motivator des Menschen) besser ansprechbar ist. Es braucht dazu in erster Linie etwas, was der Hypnose-Experte Rapport nennt.
Rapport nennt man in der Hypnose das gegenseitige Vertrauensverhältnis zwischen Hypnotiseur und Hypnotisand. Mit anderen Worten: Beide müssen die Hypnose wollen, beide müssen sich einig sein über die Ziele der Sitzung, und vor allem muss der Hypnotisand daran glauben, dass der Hypnotiseur die nötige Kompetenz besitzt.
Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, wird man feststellen, dass ein sogenanntes Leading stattfindet. In der Therapie äußert sich das beispielsweise so:
Ein Klient erzählt von einem Autounfall, den er erlitten hat, und in dessen Anschluss er zwei Tage lang im Koma lag. Ich fordere ihn auf, mir zu schildern, was während der zwei Tage im Koma alles geschehen ist. Er antwortet, er wisse es nicht. Ich sage: „Auf drei ist das Koma aufgehoben, und du kannst mir genau schildern, was geschehen ist. Eins, zwei, drei.“
Der Klient wird meiner Aufforderung Folge leisten und sämtliche Vorfälle schildern können. Auf meine Suggestion (Suggestion = Vorschlag) hin hat er das hypnotische Phänomen der Hypermnesie (= gesteigertes Erinnerungsvermögen) produziert. Das ist für mich eines der Zeichen dafür, dass wir Rapport haben.


Wo ist denn der Rapport bei der Bühnen-Hypnose?


Ich habe Dir ja gesagt, was es braucht, damit Hypnose funktioniert:

  • Ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis zwischen Hypnotiseur und Hypnotisand.
  • Eine Einigkeit über die Ziele der Sitzung.

Der Bühnen-Hypnotiseur geht davon aus, dass die Freiwilligen, die sich für die Hypnose-Show melden, ihm vertrauen (sonst sind sie blöd, wenn sie sich melden!), und dass man sich auch einig ist über die Ziele der Sitzung, nämlich:

  • a) etwas Ausgefallenes erleben,
  • b) die eigenen Grenzen überwinden (notfalls mit der Entschuldigung, man sei hypnotisiert gewesen und hätte keine Ahnung gehabt, was geschehen sei),
  • c) das Publikum zum Staunen und zum Lachen bringen.

Um sicher zu sein, dass er tatsächlich die richtigen Leute auf der Bühne hat, wird der Show-Hypnotiseur entweder ein paar Suggestibilitäts-Tests durchführen und die ungeeigneten Personen wieder an ihren Platz schicken, oder er wird seine Show mit ganz einfach zu befolgenden Suggestionen beginnen und dann mit denjenigen Personen weitermachen, die sich als besonders suggestibel herausgestellt haben. Die besten Versuchskaninchen für Hypnose-Shows sind Menschen mit hysterischer respektive histrionischer Charakterstruktur, die überaus suggestibel sind und genau wissen, wie man einen guten Hypnotisanden spielt.

Tatsache ist und bleibt: Jeder, der bei einer Bühnenshow mitmacht, ist mit einem Teil seines Bewusstseins immer präsent und weiß haargenau, was geschieht. Die Show-Atmosphäre und der Gruppendruck sorgen dafür, dass er sich so verhält, wie es der Hypnotiseur vorschlägt (= suggeriert). Aber auch das hat selbstverständlich seine Grenzen: Würde ein Show-Hypnotiseur suggerieren, dass die Versuchsperson nackt auf die Strasse läuft, dann wäre der Rapport gebrochen. Es sei denn, die Versuchsperson hat exhibitionistische Züge und wollte schon lange mal einen guten Vorwand haben, um nackt auf der Strasse herumzulaufen.


Aber in Filmen sieht man doch immer…


Vieles von dem, was Du bezüglich Hypnose aus Filmen kennst, gehört in den Bereich der Glupschaugen-Horst-Idylle (Sprich: Derrick) und bedarf keines weiteren Kommentars.
Ich will jedoch hier auch nicht die Möglichkeiten zum Missbrauch der Hypnose verharmlosen. Denn wir alle wissen, dass es Sekten gibt, die mit hypnotischen Techniken ihre Schäfchen langsam und unmerklich einer Gehirnwäsche unterziehen. Allerdings sagt dort keiner: „Komm‘, setz dich hin und schließ die Augen, wir machen jetzt Hypnose.“ Nein, die Gehirnwäsche findet mit offenen Augen, im ganz normalen Gespräch, mit so genannten hypnotischen Sprachmustern statt.

Mein Gratis-Buch zum Thema „Hypnotische Sprachmuster im Alltag“ kannst Du hier herunter laden.


Mich kann man nicht hypnotisieren…


Wenn Du das sagst, hast Du auf der einen Seite recht: Wenn Du mit dieser Einstellung zu mir in eine Therapie kommst, haben wir keinen Rapport und ich werde bei Dir nicht viel ausrichten können.
Auf der anderen Seite verrät dieser Ausspruch, wie wenig Du von Hypnose verstehst. Ich garantiere Dir: Jeden Abend, wenn Du vor dem Fernseher sitzt, bewirkt allein die Fixation des Bildschirms, dass Du in eine leichte bis mittlere Trance gehst und Dein Unterbewusstsein erhöht ansprechbar ist. Die Frage ist nur, ob die Suggestionen, die Du Dir da tagtäglich reinziehst, Deinem Unterbewusstsein nicht eher schaden als nützen.

Gewöhne Dich bitte daran, dass Hypnose ein natürlicher und alltäglich auftretender Zustand ist. Je mehr Du darüber weißt, desto mehr kannst Du davon profitieren.